Anwendungsbeispiel Wärmebildkamera

DIE WÄRMEBILDKAMERA DES EFP

Das Energieforum hat eine Wärmebildkamera zur Ausleihe angeschafft, so dass jeder Interessierte sein Haus von außen nach innen und von innen nach außen daraufhin beurteilen kann, wo Wärme austritt oder Kälte eindringt.

Im folgenden wird die Anwendung der Wärmebildkamera anhand der nachträglichen Dämmung der Haustüre eines Passivhauses demonstriert:

 

Dämmung einer Haustür                                                                                    von D. Lange

 

Seit etwa 18 Jahren wohnen wir in unserem Passivhaus („passiv“ weil es sich ohne aktive Heizung allein durch das einfallende Sonnenlicht innen erwärmen sollte – naja… wenn die Sonne im Winter denn auch öfter scheinen würde…) und hadern mindestens genauso lang mit unserer Haustür: Sie ist aus Holz (man dachte das wäre gut..), aber es kommt im Winter immer so verdächtig kühl von der Tür herüber…Hmm..

Das wollen wir jetzt endlich näher untersuchen und ändern. Flugs die Wärmebildkamera vom EFP geholt, und siehe da, sie zeigt uns bei niedrigen Aussentemperaturen folgendes Bild (innen):

Die Tür wird blau (kalt) dargestellt, die Wand darumherum, die mit 28 cm Styropor gedämmt wurde, erscheint dagegen in einem warmen Gelb-Grün. Von aussen aufgenommen ist es genau umgekehrt:

Die Wand ist Tiefblau, also kalt weil sie keine Wärme nach Aussen lässt, und die Tür wird wesentlich wärmer dargestellt, in Relation zu den übrigen Objekten ist sie also heller. Insbesondere das kleine zweiglasige Fenster ist eine Kathastrophe: Ein gelbgrünes Wärmeleck!

Der Kursor der Wärmekamera erlaubt auch das genaue Aussondieren der Oberflächentemperaturen. Vorsicht ist allerdings bei reflektierenden Flächen geboten, hier kann es zu Fehlmessungen kommen!

„Was tun“ sprach Zeus „..die Götter sind besoffen…?“

Schnell sind wir uns einig darüber, dass das so nicht weiter gehen kann. Und ein Provisorium soll Aufschluss darüber geben, wie in etwa die zukünftige Tür beschaffen sein soll. Hochwärmegedämmte Türen sind extrem teuer, und da wollen wir schon vorher wissen, was am ehesten in Frage käme. Und wie dick das Ganze werden würde, also welche optischen und gefühlten Eigenschaften neben den rein technischen Aspekten zu erwarten sein werden.

Ich beschließe, ein provisorisches „Tür-Doppel“ zu bauen, das man im Winter einfach auf- und im Sommer wieder ab-setzen kann, und das wir in den nächsten Jahren in Ruhe testen können werden.

Und, da provisorisch, sollte es auch nicht allzu teuer werden. So kommen eine dünne Sperrholzplatte als Blende, ein paar Zierleisten (aus dem Bodenlegerbereich) und ein Packerl Styrodurplatten je 4 cm dick auf den Plan, alles zusammen vom Baumarkt für etwa 36 Euro.

Die Frage stellt sich: Würden 4 cm Dämmung ausreichen, oder nehmen wir gleich die „Klotz-Variante“ mit 8 cm?

Ein Blick auf die zu erwartenden Wäremwiderstands-Werte schafft schnell Klarheit: Bei 4 cm würde es ohne zu Heizen immer noch gefühlt kalt von der Tür kommen (Wand und Fenster sind deutlich besser), also müssen es tatsächlich mindestens 8 cm Styrodur werden, um einen deutlichen Unterschied zu vorher zu bewirken.

Also beginnen wir mit der Arbeit: Abmessen und zurechtsägen der Blendplatte (Sperrholz 3mm):

Sie wird anschließend mit ein paar Klecksen Bauschaum mit den Styrodurplatten verklebt und gegen Aufbäumen mit allerhand Gegenständen beschwert:

Nach dem Aushärten sägen wir mit der Heiss-Draht-Säge die Styrodur-Ränder zurecht, hier der Ausschnitt für die Türklinke:

Jetzt werden die Randleisten-Zuschnitte für die Oberflächendekoration aufgeklebt:

Und nun noch etwas Farbe:

Fertig ist das Tür-Doppel (links die Originaltür, rechts der Aufsetzer):

Nach der Montage mit sechs Holzschrauben sieht das dann so aus:

Die Türklinke sitzt jetzt ungewöhnlich tief (hmm…):

Leider ist das aber auch die Achillesferse des ganzen Projekts, da wir hier nach wie vor Wärmeverluste erwarten müssen. Allerdings wird man die Auswirkungen vernachlässigen können, da die Verlustfläche einen sehr kleinen Querschnitt aufweist. Eine neue Türklinke nach Aussen zu verlagern wäre technisch einfach zu aufwändig geworden.

Huch! Die Tür ist eine regelrechte Tresortür geworden!

Allerdings nur stark wärme- und nur gering besser einbruchhemmend (mögliche Einbrecher werden bestenfalls irritiert und ergreifen daraufhin die Flucht…):

Da muss man sich natürlich ersteinmal daran gewöhnen…

Mal sehen, was die Wärmebildkamera sagt:

Wow! Von innen ein voller Erfolg! Fast so warm wie die Hauswand!

Auch von Aussen kann sich das Ergebnis sehen lassen:

Ganz klar dass jetzt die Farbrelationen andere Messwerte wieder geben, die Aussenhaut des Hauses und die der Tür sind sehr kalt, also geht keine Wärme verloren.

Und wie wir erwartet hatten, erlaubt die Region um die Türklinke herum von aussen noch einen Blick in die Vergangenheit: So schlecht wie der gelbe Bereich war fürher die Dämmung der gesamten Tür!

Wichtig: Die Farben der Wärmebilder geben keine absoluten, sondern nur relative (zu den anderen abgebildeten Objekten im Bild) Temperatur/Wärmewerte wieder, lassen Sie sich also beim Messen nicht von wechselnden Farben für den gleichen Gegenstand irritieren.

Und das Endergebnis?

Es kommt nicht mehr kalt von der Tür – Juhu!

Man merkt auch, dass die Tür sich jetzt innen wärmer anfühlt und eine trockenere Oberfläche hat.

Und das Haus ist in der Früh´ nach einer Nacht ohne Heizen etwa ein halbes Grad wärmer (das Wärmeleck hätten wir also schon längst stopfen müssen – tadel, tadel…).

Hä… Brauchen wir dann eigentlich noch eine neue Tür für 6000 Euro? Hmm… Das hätte dann wieder Zeit, würde ich sagen…

Soweit das Haustürprojekt.

Man kann mit der Wärmebildkamera natürlich noch andere Dinge bewerkstelligen, z.B. den Fehler in einer elektronischen Schaltung eingrenzen:

Hier erwärmt sich eine defekte Bauteilgruppe im Leerlauf sehr schnell um ca. 25 Grad. Aha!

Die Wärmekamera entlarvt auch Stromfresser:

…hier z.B. das Netzteil eines Handys.

Oder der Drucker im Standby-Modus (mit warmer USB-Buchse links am Gerät, sie weist immerhin 24 Grad auf, das kostet Strom!):

So erschließt sich über die Wärmebilder eine völlig neue Welt. Probieren Sie es aus, es lohnt sich!

 

Übrigens: für Mitglieder des Energieforums kostet die Ausleihe nichts, andere könnten eine Spende in Höhe des Jahresbeitrags (25 Euro) bezahlen. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an info[at]energieforum-petershausen.de